Veranstaltung: | Unterbezirksdelegiertenkonferenz 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8.2 Andere Anträge (Reihenfolge nach Priorisierung der Delegierten) |
Antragsteller*in: | SB Nippes |
Status: | Angenommen (Ja 31, Nein 37, Enthaltung 7) |
Beschlossen am: | 13.02.2022 |
Eingereicht: | 11.02.2022, 12:34 |
A21: Arbeitsbezogene Gleichstellung aller junger Menschen in stationären Einrichtungen
Weiterleitung
- Weiterleitung an:
- Landeskonferenz der Jusos NRW
Antragstext
Um der dramatischen Lebenssituation von jungen Menschen in vollstationären
Einrichtungen gerecht zu werden und ihrenbesonderen Schutz zu gewährleisten
fordern wir die Abschaffung des §94 Abs. 6 SGB VIII, wonach betroffene junge
Menschen teilweise 75 Prozent ihres erworbenen Einkommens an die staatlichen
Institutionen abgeben mussten. Diese finanzielle Abgabe kommt unter
Berücksichtigung der individuellen Lebensgeschichten und den sozialen
Verhältnissen einer verordneten Armut dieser jungen Menschen gleich. Trotz einer
Veränderung der Abgabenlast des Einkommens von 75 Prozent auf 25 Prozent kann
nicht angenommen werden, dass die Problematik der indirekt verordneten Armut
durch staatliche Seite bei betroffenen Person behoben wurde und dass der
Grundsatz des ersten Artikels des SGB VIII im Wesentlichen erfüllt ist.
Der Grundsatz, dass junge Menschen eine eigenverantwortliche, selbstbestimmte
und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit entwickeln sollen, ist durch die Hürde
der Einkommensabgabe stark beschnitten, wenn nicht sogar fast unerreichbar.
Diese Annahme lässt sich dadurch begründen, dass jungen Menschen in
vollstationären Leistungen die Motivation für den Start in eine finanzielle
Selbstständigkeit durch die Drosselung des Einkommens genommen wird und somit
auch in einem gewissen Rahmen die Sinnhaftigkeit bzw. die Wichtigkeit ihres
Berufes für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in der
Bundesrepublik Deutschland.
Personen in vollstationären Einrichtungen soll hierdurch ermöglicht werden,
trotz ihrer prekären Verhältnisse und ihrer traumatischen Erlebnisse in der
Vergangenheit vollumfänglich am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in
der Bundesrepublik Deutschland teilzunehmen. Der zusätzliche Lohn soll außerdem
dazu dienen, die ersten Schritte in ein eigenständiges Leben der Betroffenen zu
gewährleisten. Dies kann sich beispielsweise in der Finanzierung einer privat
oder staatlich geförderten Wohnung zeigen.
Begründung
Das Sozialgesetzbuch zur Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), welches im Jahre 1990 auf den Weg gebracht wurde, legt in seinem ersten Artikel in Absatz 1 den Grundsatz fest, dass jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. [1]
Neben der eingeschränkten beruflichen Sinnhaftigkeit findet durch die Einkommensminimierung eine weitere Verschärfung der sozialen Ausgrenzung statt, welche die Betroffenen bereits in ihrer Vergangenheit auf Basis ihrer Lebenssituation in ihrem sozialen Umfeld erleben mussten, wie es am Beispiel von Waisenkindern beobachtet werden kann. [2] Die Verschärfung der sozialen Ausgrenzung zeigt sich insbesondere dadurch, dass es den jugendlichen Personen nicht ermöglicht wird am vollumfänglichen sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen [3], welches das Recht der Persönlichkeitserziehung der jungen Personen nach Artikel 1 des SGB VIII vorsieht.
[1] Vgl. SGB VIII §1
[2] Vgl. Johannes-Kuhn-Stiftung, 2021
[3] Vgl. taz, 2019
Änderungsanträge
- Ä1 (SB Nippes, Zurückgezogen)