Veranstaltung: | Unterbezirksdelegiertenkonferenz 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8.2 Andere Anträge (Reihenfolge nach Priorisierung der Delegierten) |
Antragsteller*in: | SB Ehrenfeld |
Status: | Angenommen (Ja 59, Nein 7, Enthaltung 8) |
Beschlossen am: | 12.02.2022 |
Eingereicht: | 12.02.2022, 15:30 |
A11: Bezahlbares Wohnen - in der Innenstadt und in den Außenbezirken
Weiterleitung
- Weiterleitung an:
- Parteitag KölnSPD
Antragstext
Bauarbeiter*innen, können wir das schaffen? Jo, wir schaffen das!
Bauen, bauen, bauen lautet die viel geforderte Formel für mehr Wohnungsangebot
und gegen steigende Mieten. Hört sich schön an, bringt aber nichts, wenn Neubau
bedeutet, dass das nächste Luxusquartier entsteht, in das sich die Reichen und
Geföhnten der Gesellschaft zurückziehen können. Wohnraum in den Städten fehlt
vor allem für einkommensschwache Kölner*innen, darunter besonders auch junge
Menschen wie Schüler*innen, Studierende oder Auszubildende.
Rund jede*r Zweite in unserer Stadt hat Anspruch auf eine Sozialwohnung. Aber
noch nicht einmal 7 Prozent unserer Wohnungen sind Sozialwohnungen, d.h.
öffentlich gefördert und dadurch besonders günstig. Und es werden jedes Jahr
weniger, da mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen als neue geförderte
Wohnungen gebaut werden. Die soziale Frage spitzt sich zu.
Deshalb fordern wir, dass beim Neubau in Köln besonderer Wert auf die Schaffung
öffentlich geförderter Wohnungen gelegt wird. Bei der gravierend sinkenden Zahl
der Sozialwohnungen in Deutschland reichen 30% Sozialwohnungen bei
Neubauprojekten nicht aus. Deshalb fordern wir mindestens 50%
Sozialwohnungsquote für jedes Neubauprojekt. Egal ob in Mülheim, Porz oder
Rodenkirchen. Kölner*innen benötigen gebaute Realität, damit sie dort einziehen,
wohnen und leben können.
Wir fordern, dass folgende Maßnahmen zur Steigerung des sozialen Wohnungsbaus
ergriffen werden:
Ausbau des kooperativen Baulandmodells auf 50% geförderte Wohnungen
Beschleunigung von Bebauungsplan- und Baugenehmigungsverfahren
Stärkung der Wohnungsbauleitstelle
Anwendung von Baugeboten für mindergenutzte Flächen
Gründung und finanzielle Ausstattung einer zweiten Wohnungsbaugesellschaft
neben GAG und modernestadt
Wem gehört die Stadt? Köln-Kalk-Verbot für Immobilienhaie!
Selbst den größten Fans des Neoliberalismus (außer den Julis) dürfte inzwischen
klar sein, dass das Konzept des steuernden Marktes im Immobiliensektor
gescheitert ist. Der massenhafte Verkauf kommunaler Wohnungen hat zur aktuell
prekären Situation in den Städten geführt: Steigende Mieten, Gentrifizierung und
Verdrängung und eine Stadt für Gutverdienende. Deshalb muss nicht nur die
Sozialwohnungsquote steigen, sondern auch die Besitzverhältnisse im Gesamten
müssen hinterfragt werden. Sind Bindungsfristen für sozialen Wohnraum noch
zeitgemäß? Ist der Staat nicht sogar verpflichtet, aufgrund der aktuellen
Wohnungskrise in den Markt einzugreifen und, wenn nötig, zu vergesellschaften?
Wir fordern, dass folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Klares Bekenntnis zur Stadt für Alle
Prüfung der Abschaffung von Bindungsfristen im sozialen Wohnungsbau
Stadt Köln muss ihren Beschluss endlich umsetzen & darf städtische Flächen
nur noch per Erbpacht vergeben und nicht mehr verkaufen!
Stadt Köln muss konsequent ihre Vorkaufsrechte nutzen und Grundstücke an
GAG oder gemeinnützige weiterverpachten, z.B. Genossenschaften
Nach Berliner Vorbild soll die Stadt Köln ihr Vorkaufsrecht auch für
Immobilien nutzen, denen der Verkauf an große, profitorientierte
Immobilienkonzerne droht.
Zur Finanzierung muss die Stadt einen Bodenfonds einrichten und mit den
nötigen Mitteln ausstatten
Das große Ziel ist ein gemeinwohlorientierter Wohnungsmarkt aus gemeinnützigen
Eigentümer*innen und Vermieter*innen, der von Genossenschaften, sozialen
Bestandshalter*innen und kommunalen Gesellschaften dominiert wird. Alle anderen
Marktteilnehmenden profitieren vom Mietenstopp, von der Entbürokratisierung und
dem staatlichen Einfluss.
Was lange währt, wird endlich gut. Der Bestands-Wohnungsbau hoffentlich auch.
Der Bestand an Wohnungen ist das große Pfund in unserer Stadt. 564.776 Haushalte
gibt es 2020 in unserem Stadtgebiet. 2016 bis 2020 wurden in Köln rund 12.000
Wohnungen fertiggestellt, davon rund 90% bzw. 10.800 Wohnungen wirklich neu
geschaffen (sonst Abriss – Neubau). Im Durchschnitt sind das 2.160 Wohnungen im
Jahr. Das ist erstens viel zu wenig und zeigt zweitens, wie wichtig der Schutz
von Mieter*innen in bestehenden Wohnungen ist! Der Bestand ist der wichtigste
Angriffspunkt, um die Stadt auch weiterhin als Wohnraum für alle
Bevölkerungsschichten zu erhalten.
Gentrifizierung und Mieterhöhungen prägen unseren Alltag. Bei jeder Suche auf
immoscout und Co stellen sich die Nackenhaare auf, weil die Preise wieder
gestiegen und schon lange nicht mehr bezahlbar sind. Die bezahlbaren
Bestandsmieten zu erhalten und Sanierung aus reiner Profitgier zu verhindern,
dafür stehen wir ein.
Wir fordern, dass folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Ausweitung der Sozialen Erhaltungssatzung (sog. Milieuschutzsatzungen),
besonders in Städten wie Köln
Ausweitung der Förderkonditionen und Finanzmittel auf Landesebene, so dass
Kommunen in die Lage versetzt werden, bei bestehenden Wohnungen Bindungen
anzukaufen und im Bestand bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
- Auf Landesebene weiterhin die schwarz-gelbe Landesregierung unter Druck
setzen, sinnvolle Maßnahmen aus dem Baulandmobilisierungsgesetz wie
sektorale Bebauungspläne oder Vorkaufsrechte, Baugebote und vieles mehr zu
nutzen. Wir fordern, dass die Landesregierung ihren Job macht und Menschen
eine Wohnung ermöglicht, anstatt in der Wohnungswirtschaft Gelder für den
Wahlkampf einzusammeln.
Begründung
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Weil die Miete einen Großteil unseres Netto-Einkommens aufzehrt und nur das, was übrig bleibt, für Lebensmittel, Bildung und Teilhabe zur Verfügung steht. Weil eine Wohnung in den Bedürfnissen vor allem Anderen steht und wir die Miete als Erstes zahlen. Weil eine Wohnung Meldeadresse und so Grundlage für vertragliche Bindungen ist. Weil eine Wohnung aber auch so viel mehr ist: Zuhause, der Ort an den wir nach getaner Arbeit zurückkommen und uns sicher und wohl fühlen sollen. Wohnen ist Lebensgrundlage und entscheidet über unser Wohlbefinden und unsere Chancen auf freie Entfaltung und gesellschaftliche Durchmischung. Bezahlbares Wohnen im gesamten Stadtgebiet muss oberste Priorität haben.
Die Stadt Köln muss das Heft des Handelns endlich aktiv in die Hand nehmen und die Entwicklung von Wohnraum nicht weiterhin den Marktkräften überlassen. Ansonsten bleibt die Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Köln nämlich genauso wie die vermeintliche “Hand des Marktes”: unsichtbar.