Veranstaltung: | Unterbezirksdelegiertenkonferenz 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8.2 Andere Anträge (Reihenfolge nach Priorisierung der Delegierten) |
Antragsteller*in: | JUBV |
Status: | Angenommen (Ja 68, Nein 0, Enthaltungen 2) |
Eingereicht: | 28.01.2022, 20:09 |
A24: Der Rabbich-Kodex
Weiterleitung
Antragstext
Die UBDK möge den von verschiedenen Genoss*innen auf der Vorstandsklausurtagung
initalisierten und vom JUBV erarbeiteten Rabbich-Kodex als Grundlage unseres
gemeinsamen Umgangs beschließen:
Rabbich-Kodex
Dieser Kodex kann fortlaufend angepasst und bestätigt werden. Die neueste
Fassung ist stets auf der Website der Jusos Köln zu finden.
Präambel
Die Jusos erfüllen mit ihrer Arbeit mehrere Aufgaben: Sie sind ein Safe Space,
verstehen sich als progressive Kraft innerhalb der Partei, leisten mit ihrer
Arbeit einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte und politisieren junge
Menschen.
Die Arbeit im Verband kann nur dann gelingen, wenn die Mitglieder das
Miteinander im Verband so gestalten, dass ein nachhaltiges Engagement in den
Verbandsstrukturen und darüber hinaus möglich und erstrebenswert ist.
Diskriminierendes und diskreditierendes Verhalten jedweder Art dulden wir in
unserem Verband nicht; die Achtung voreinander nimmt einen hohen Stellenwert
ein.
Der Rabbich-Kodex dient als Leitschnur für das Verhalten aller Mitglieder
innerhalb der Jusos. Den Vorstandsmitgliedern in Juso- und weiteren
Parteistrukturen kommt eine zentrale Rolle zu. Daher sollten sie die nachfolgend
formulierten Grundsätze des Miteinanders in ihrer Arbeit jederzeit in besonderem
Maße vorleben.
Elemente des Kodex
1. Das Miteinander im Allgemeinen
Das grundsätzliche Interesse der Jusos gilt der politischen Arbeit. Um diese für
alle bereichernd zu gestalten, schaffen die Mitglieder ein Miteinander, in dem
unsere Grundwerte und unsere weiteren politischen Standpunkte gelebt werden.
Dieses Verhalten leben die Mitglieder nicht nur untereinander, sondern auch in
der Zusammenarbeit mit anderen Gliederungen, Organisationen und Initiativen.
Die Mitglieder begegnen im Kontext der Verbandsarbeit ihren Gegenübern mit
Respekt und Offenheit. Sie bleiben auch in aufgeheizten Diskussionen auf der
Sachebene, lösen Konflikte mit Argumenten und vermeiden persönliche Attacken.
Dabei handeln und äußern sie sich transparent und integer, indem sie ihr Handeln
oder ihre Einstellung begründen und sich im Einklang mit den Werten des
Verbandes verhalten.
2. Direkt und offen kommunizieren
Im demokratischen Austausch und der politischen Arbeit der Jusos geht es darum,
mithilfe sachbezogener Argumente die beste Lösung bzw. den besten
Zukunftsentwurf zu gestalten. Die Mitglieder und insbesondere die
Vorstandsmitglieder in Juso- und Parteistrukturen kommunizieren zu diesem Zweck
offen Argumente und, sofern möglich, Strategien. Alle Mitglieder bleiben in
Debatten fair und leben einen positiven Umgang mit abweichenden Standpunkten
(siehe Kodex-Punkt Nr. 5).
Die offene Kommunikation endet im Juso-Verband nicht auf der Sachebene. Auch im
persönlichen Miteinander achten alle Mitglieder darauf, direkt statt über Ecken
zu kommunizieren. Hinter vorgehaltener Hand über andere zu reden, lehnen die
Jusos ab. Anstatt der offenen Meinungsbildung vorzugreifen, sollten insbesondere
Neumitglieder nicht durch Erzählungen über andere Mitglieder vereinnahmt werden.
Alle Juso-Mitglieder bringen Kritikpunkte daher vor allem im persönlichen
Gespräch mit den betreffenden Personen offen und konstruktiv an, anstatt ihren
Unmut bei Dritten kundzutun.
3.(Neu)-Mitgliedern offen begegnen
Es ist immer ein Grund zur Freude, wenn sich neue Personen bei den Jusos
einbringen und mit ihrer Arbeit die politischen Standpunkte des Verbands fördern
möchten. Damit sie sich im Verband gut aufgehoben fühlen, achten die Mitglieder
insbesondere Neumitgliedern gegenüber darauf, sich entsprechend des Rabbich-
Kodex zu verhalten.
In der politischen Arbeit herrschen einige Gewohnheiten, mit denen gerade
Neumitglieder sich erst vertraut machen müssen. Dazu gehören beispielsweise die
Nutzung quotierter Redelisten, die Möglichkeit zum Stellen von
Geschäftsordnungsanträgen und Verständnisfragen sowie die Nutzung von
Abkürzungen. Alle, aber besonders die Vorstandsmitglieder in Juso- und weiteren
Strukturen achten daher darauf, dass Neumitglieder den Abläufen von Sitzungen
und den inhaltlichen Debatten auch bei Verwendung zahlreicher Abkürzungen folgen
können. Abkürzungen sollten daher erklärt und auf Regeln hingewiesen werden.
Hierauf sollte insbesondere die Redeleitung stets achten.
4. Antidiskriminierung und Empowerment
Die Mitglieder der Jusos machen sich regelmäßig bewusst, dass diskriminierendes
und grenzüberschreitendes Verhalten nach wie vor Alltag ist und auch innerhalb
des Verbandes vorkommen kann. Dennoch verstehen sich die Jusos als ein Safe
Space für ihre Mitglieder. Deswegen weisen alle Mitglieder auf
grenzüberschreitendes, diskriminierendes und diskreditierendes Verhalten und
ebensolche Äußerungen hin und versuchen, eine Einsicht bei den Handelnden zu
erzeugen.
Die Vorsitzenden der Gliederungen weisen regelmäßig auf die bestehenden
Awareness-Strukturen hin, damit Betroffene sich bei Bedarf an die jeweiligen
Ansprechpartner*innen wenden können.
Als Verband, der sich für Chancengleichheit einsetzt, ist Empowerment Teil der
alltäglichen Juso-Arbeit. Unter Empowerment verstehen wir, dass Mitglieder in
ihrem Handeln bestärkt und unterstützt werden. Insbesondere marginalisierten
Personen – inner- und außerhalb des Verbandes – hilft Empowerment dabei, sich
Gehör zu verschaffen. Die Mitglieder bestärken marginalisierte Personen daher in
ihrem Engagement und ihrer Arbeit und ermutigen sie in angemessenem Maß dazu,
Wortbeiträge zu halten, für Ämter zu kandidieren oder sich anderweitig
inhaltlich und organisatorisch an der Juso-Arbeit zu beteiligen. Strukturen wie
die BIPoC-Vernetzung oder der Rote Salon dienen hierbei als Unterstützung.
5. Umgang mit abweichenden Standpunkten
Jenseits fester roter Linien gehen die Jusos offen mit Standpunkten um, die
nicht der eigenen Position entsprechen, solange sie nicht konträr zu den Werten
des Verbandes sind. Die Mitglieder verstehen es als Stärke, sich eine eigene
Meinung zu Umständen zu bilden – auch dann, wenn sie selbst die Position einer
anderen Person nicht teilen. Sie nutzen Standpunkte, die nicht den eigenen
entsprechen, um ihre eigene Meinung zu reflektieren und ihre Argumente zu
schärfen. Dabei respektieren sie jedoch auch andere Meinungen und
Entscheidungen. Die Debatte soll auch bei inhaltlich abweichender Sicht auf die
Dinge freundlich bleiben. Daher achten die Mitglieder darauf, despektierliche
Mimik, Gestik und einen abwertenden Tonfall zu vermeiden.
Zur politischen Arbeit gehört es auch, im Regelfall offen gegenüber anderen
Meinungen zu sein und die Argumente und ggf. persönlichen Erfahrungen des
Gegenübers zu verstehen. Eine Konsensfindung hilft bei der politischen Arbeit an
vielen Stellen weiter. Dabei respektieren die Mitglieder jedoch, dass eine
Kompromissfindung kein Muss ist und es auch Ambivalenzen geben kann, für die
keine gemeinsame Positionierung möglich ist.
6. Reflexion des eigenen Verhaltens
Die Mitglieder der Jusos überdenken regelmäßig, ob sie mit ihrem Verhalten den
Werten des Verbandes gerecht werden. Hierzu können auch Formate genutzt werden,
die sich zum Beispiel mit kritischer Männlichkeit und/oder Critical Whiteness
auseinandersetzen. Auch jenseits von diskriminierendem Verhalten hinterfragen
die Mitglieder insbesondere in Konfliktsituationen, ob ihr Verhalten im Sinne
des Verbandes war. Sie können hierzu auch das Gespräch mit einer*einem Gegenüber
suchen. Die Jusos begegnen Verhaltensreflexionen und Entschuldigungen von
Mitgliedern wohlwollend.
Kritisches Denken und Hinterfragen des Status Quo gehören zum Juso-Dasein
untrennbar dazu. Das darf auch vor den eigenen Strukturen nicht Halt machen. Zur
Reflexion gehört daher auch, diese regelmäßig zu hinterfragen und geltende
Regeln und Gewohnheiten nicht blindlings zu übernehmen.
Schlussbemerkung
Um Wirkung zu entfalten, muss der Rabbich-Kodex den Mitgliedern bekannt sein.
Die Vorstandsmitglieder aller lokalen Juso-Strukturen sind aufgerufen, bei
Sitzungen und weiteren Gelegenheiten zu diesem Ziel beizutragen. Der
Unterbezirksvorstand nimmt den Kodex zudem jährlich in sein Arbeitsprogramm auf
und hält ihn auch hierdurch im Gedächtnis. Auch über die Juso-Gliederungen
hinaus sollten andere Parteistrukturen und die Jugendorganisationen anderer
Parteien von dem Kodex Kenntnis nehmen.
Glossar
Die Mitglieder der Jusos meint alle Mitglieder der Jusos Köln - Mitglieder mit
Ämtern ebenso wie Mitglieder, die kein Amt innehaben.
Die Vorsitzenden der Gliederungen meint die Vorsitzenden der
Arbeitsgemeinschaften, Stadtbezirke und des JUBV.
Die Vorstandsmitglieder in Juso- und weiteren Parteistrukturen meint
Vorstandsmitglieder der Stadtbezirke, Arbeitsgemeinschaften, des Unterbezirks-,
Landes- und Bundesvorstands sowie die Vorstandsmitglieder von SPD-Gliederungen
und SPD-Arbeitsgemeinschaften.
Rabbich - Der Name dieses Kodex geht auf den Essener Antifaschisten Heinrich
Rabbich zurück, der als Jugendlicher die “Freie Jugend” und die “Freie
Arbeiterjugend” mitgegründet hat und somit einer der “Väter” unseres
Schwesternverbandes “Die Falken” ist.
Begründung
Während der Klausurtagung im vergangenen Jahr haben sich der JUBV, einige Stadtbezirksvorsitzende und verschiedene Genoss*innen ohne Ämter intensiv über die Diskussionskultur und den Umgang in unseren Strukturen ausgetauscht. Aus den damaligen Überlegungen hat der JUBV diesen Kodex erarbeitet. Darin sind die Grundsätze einer für alle angenehmen Atmosphäre des zwischenmenschlichen Umgangs festgelegt. Weitere Erläuterungen erfolgen mündlich.