Veranstaltung: | Unterbezirksdelegiertenkonferenz 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 9.1. Beratung der restlichen Anträge |
Antragsteller*in: | JUBV |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.01.2024, 15:47 |
A30: Konzept zum Umgang mit der AfD: Kein Fußbreit den Faschist*innen
Weiterleitung
Antragstext
Die AfD ist auf dem Vormarsch. Bei der Europawahl in diesem Jahr wird sie
aktuellen Umfragen zufolge über 20%, bei den Landtagswahlen in Thüringen,
Sachsen und Brandenburg sogar über 30% der Stimmen holen. Gleichzeitig
radikalisiert sie sich zunehmend - jeder intern geführte Machtkampf der letzten
Jahre ging zugunsten der radikalen, rechten Kräfte aus, und ein Ende dieser
Entwicklung ist nicht zu erkennen.
Das zeigt nicht zuletzt das rechtsextreme Geheimtreffen, das von Correctiv
aufgedeckt wurde und an dem auch AfD-Politiker:innen teilgenommen haben. Bei
diesem Treffen wurde die millionenfache Deportation von BIPoC nach Afrika
geplant. Halbgare Distanzierungsversuche der AfD-Spitze, die das Treffen als
rein private Veranstaltung ohne AfD-Bezug zu verkaufen versucht, können nicht
darüber hinwegtäuschen, dass rassistische Vertreibungsfantasien zum Wesenskern
der AfD gehören. Die Partei ist nicht nur eine Gefahr für Demokratie und
Rechtsstaat in Deutschland, sondern vor allem eine ganz konkrete Bedrohung für
BiPOC und queere Menschen.
Der JUBV wurde deshalb bei der UBDK im vergangenen Jahr beauftragt, ein Konzept
zum Umgang mit der AfD zu entwickeln. Um dieses Konzept auf eine inhaltlich
fundierte Basis zu stellen, haben wir im November Politikwissenschaftler Marcel
Lewandowsky, dessen Forschungsschwerpunkt unter anderem Populismus ist, zu Gast
gehabt. Dabei haben wir gelernt: Der Anteil der AfD-Wählerschaft mit einem
latent oder manifest rechtsextremen Weltbild beträgt rund 56%. Über 70% der AfD-
Wähler:innen haben zudem eine ganz oder teilweise populistische Einstellung
gegenüber den politischen Verhältnissen.
Im Vortrag wurde uns aufgezeigt, dass politische Einstellungen von den Parteien
häufig nicht gemacht, sondern lediglich abgerufen werden. Rechtsextreme oder
populistische Einstellungen existieren also auch bei Wähler:innen anderer
Parteien. Sie werden durch eine negative Wahrnehmung der Gesamtsituation, der
Regierungsperformance und der eigenen Lage lediglich abgerufen - weshalb die
aktuelle, krisengeschüttelte Situation dazu führt, dass sich vermehrt Menschen
zur Wahl der AfD entscheiden.
Das alles wirft natürlich die Frage auf, wie wir konkret mit der AfD umzugehen
haben. Marcel Lewandowsky machte in seinem Vortrag klar, dass es die eine,
perfekte Strategie nicht gibt. Er wies aber darauf hin, dass ein Adaptieren der
Positionen der AfD, wie es in Teilen der Union und der FDP derzeit versucht
wird, keine geeignete Strategie ist - dies führe nur zur Normalisierung
rechtsextremer Positionen und trage zur Stärkung der AfD bei. Alles, was
Normalisierungseffekte nach sich zieht, gilt es für uns also zu unterlassen und
aktiv zu bekämpfen.
Das gilt auch im politischen Prozess. Wie die Harvard-Professoren Steven
Levitsky und Daniel Ziblatt in ihrem Buch How Democracies Die herausarbeiten,
haben demokratische Kräfte immer eine Gatekeeping-Funktion. Das heißt: Sie
müssen die Tür zu politischer Macht und normativen Einfluss für Rechtsextreme
unbedingt geschlossen halten. Ein Blick in die USA, wo das Establishment der
Republikaner dieser Funktion nicht nachgekommen ist, oder nach Österreich, wo
die CDU-Schwester ÖVP mit den Faschisten der FPÖ regiert hat, zeigt, wie
gefährlich es ist, wenn man sich diese Funktion nicht bewusst macht. Das heißt
für uns: Wir wählen keine*n AfD-Politiker*in jemals in irgendein Amt und gehen
auch sonst keinerlei Bündnisse mit ihnen ein.
Der Kampf für die Demokratie und gegen ihre Feinde kann stattdessen ein Thema
sein, das unsere Wähler*innen mobilisiert. In den USA und in Polen ist es
demokratischen Kräften gelungen, auf diese Art Wahlen zu gewinnen. Auch wir
müssen immer wieder herausarbeiten: Wer Demokratie, Grundrechte und Rechts- und
Sozialstaat verteidigen will, ist bei uns richtig. Es gibt keine Zusammenarbeit
mit Faschisten, auf keiner Ebene. Wir belassen es nicht wie die Union beim
Führen von Brandmauer-Debatten, während man gleichzeitig AFD-Narrative/-
Forderungen übernimmt, sondern kämpfen aktiv für politische Gegenentwürfe.
Als Jusos Köln halten wir für unseren Umgang mit der AfD also fest:
- Juso-Abgeordnete stimmen auf allen politischen Ebenen gegen Anträge und
Kandidaturen der AfD.
- Wir lehnen Anträge, die erkennbar nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit
bekommen, ab. Demokrat*innen finden eigene Mehrheiten.
- Wir stellen uns auch anderen demokratischen Parteien entgegen, die
Bündnisse und Mehrheiten mit der AfD suchen.
- Eine Normalisierung der Positionen der AfD gilt es unbedingt zu
verhindern. Deshalb beteiligen wir uns nicht an Podiumsdiskussionen, an
denen die AfD beteiligt ist, und behandeln sie auch sonst nicht wie andere
demokratische Parteien.
- Inhaltliche Annäherungstendenzen innerhalb der SPD lehnen wir kategorisch
ab. Wir kämpfen für eine solidarische, antirassistische und
antifaschistische Politik.
- Wir tragen unsere Feindschaft zur AfD laut auf die Straße. Wir beteiligen
uns an Gegenprotesten und treten in der Zivilgesellschaft in deutlich
erkennbarer Gegnerschaft zur AfD auf.
- Wir betreiben nach außen und nach innen Bildungsarbeit zu den Themen
Antifaschismus und Antirassismus und klären über die demokratiefeindlichen
Ziele und Vorstellungen von rechtsextremen Organisationen und Parteien wie
der AfD auf.