Jede*r kennt Sie – unterteilte Bänke oder Bänke mit Löchern, Metallstifte unter Brücken, elektronische Überwachungstechniken oder auch „Skaterschutz“ aus Metall oder Hartgummi. Doch wozu dienen diese Maßnahmen?
Als Teil der so genannten defensiven Architektur zielen sie darauf ab, bestimmte Personengruppen von öffentlichen Räumen fernzuhalten und aus diesen auszugrenzen.
Auch in Köln sind viele dieser Maßnahmen aufzufinden. Seien es die extra schmalen Bänke an der Severinstraße, die Scheinwerfer am Aachener Weiher oder auch die vor ein paar Monaten angebrachte Eisenstange auf dem Mäuerchen. Gefordert werden sie unter anderem von aufgebrachten Haus- und Grundbesitzer*innen und Geschäftsleuten in Bürgerinitiativen zum Schutz der Kölner Innenstadt mit Unterstützung von Bundestagskandidaten von den Freien Wählern im September vergangenen Jahres.
Die Idee, die dahintersteckt? Durch eine neoliberale Stadtentwicklung werden öffentliche Räume ausgehend von den Interessen gewinnorientierter Unternehmen und sozioökonomisch privilegierter Bewohner*innen kommerzialisiert und kommodifiziert. Das Motiv hinter dieser auf öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgerichteten Stadt- und Raumplanung ist ein von der privilegierten "Mehrheitsgesellschaft" wahrgenommener Zuwachs an Kriminalität in Städten, welcher ihrem Empfinden nach von den Marginalisierten und insbesondere Wohnungslosen ausgeht. Demzufolge müsse die Präsenz der Randgruppen mit vermeintlich kriminellem Verhalten zum Schutze der “Mehrheitsgesellschaft” verringert werden.
Doch dieser empfundene Zuwachs an Kriminalität in öffentlichen Räumen kann durch polizeiliche Statistiken nicht belegt werden, ganz im Gegenteil ist die Gesamtzahl an Straftaten in Deutschland seit Jahren rückläufig und wenn jemand von Gewalt betroffen ist, sind das in vielen Fällen wohnungslose und ausgegrenzte Menschen selbst. Sieht man sich jedoch genauer an, wen die Auswirkungen defensiver Architektur am Stärksten betreffen - nämlich alle vulnerablen Gruppen, also z.B. auch ältere und behinderte Menschen, die genauso auf Plätze zum Ausruhen und Verweilen im öffentlichen Raum angewiesen sind - wird deutlich, dass hier vielmehr die Gesamtgesellschaft unter den Interessen Einzelner leidet.
Gerade auf Obdachlose haben diese Maßnahmen einen großen psychologischen und physischen Effekt. Sie erschweren die ohnehin schwierigen Lebensumstände von wohnungslosen Personen durch zusätzliche Stigmatisierung sowie Gefühle wie Scham und Ausgrenzt-Sein, aber sorgen auch dafür, dass diese in immer schwieriger bewohnbare, unkomfortable Ecken der Stadt ziehen müssen, die ihren Zugang zu Hygiene, Privatsphäre und einem Schlafplatz immer weiter erschweren. Unser Ziel sollte es sein, die Obdachlosigkeit zu bekämpfen und nicht die Obdachlosen.
Auch für Jugendliche sind die öffentlichen Räume oftmals erster Anlaufpunkt zum Verweilen. Gerade sozioökonomisch benachteiligte Jugendliche sind die, die am meisten auf freien und zugänglichen öffentlichen Raum angewiesen sind. In Zeiten der Corona-Pandemie wird dieses Bedürfnis zusätzlich verstärkt. Es müssen daher eher mehr Räume für Jugendliche geschaffen und nicht Räume zerstört werden! Indem man unerwünschte Bürger*innen von den öffentlichen Räumen fern hält unterstützt man lediglich die städtische Segregation, verschiebt die Problematik und sorgt für eine oberflächliche Homogenisierung des Stadtbildes durch die Verdrängung von Armut, sozialem Verfall und öffentlicher Unordnung.
Dies gefährdet jedoch das Wesen der Vielfalt im städtischen Umfeld und stellt in Frage, ob der öffentliche Raum wirklich frei und demokratisch ist. Gerade die Bedürfnisse der an den Rand gedrängten Menschen in unserer Gesellschaft müssen bei der Stadtplanung eingehend berücksichtigt werden. Der öffentliche Raum wird entsprechend einer imaginierten, idealisierten "Öffentlichkeit" gestaltet, die Angst vor Kriminalität hat, Obdachlosigkeit als unangenehm empfindet, sich durch Betteln bedroht fühlt usw.
Das subjektive Gefühl von Unsicherheit und Unbehagen darf also auf keinen Fall der geltende Maßstab für politisches Handeln sein, sondern das für alle Menschen geltende Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit sowie das Recht aller auf die Nutzung öffentlicher Räume. Außerdem müssen wir uns als sozialistische Gemeinschaft jeglichen Entwicklungen neoliberalen Stadt- und Raumplanung entgegenstellen, die die Vorstellungen einzelner Privilegierter von einem vermeintlich entkriminalisierten und ansprechenden Stadtbild über die Menschenwürde marginalisierter Gruppen stellt.