Veranstaltung: | Unterbezirksdelegiertenkonferenz 2024 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 9.1. Beratung der restlichen Anträge |
Antragsteller*in: | Jusos Kalk |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 12.01.2024, 18:34 |
A16: Hoch die internationale Solidarität mit Israel!
Weiterleitung
Antragstext
Die Jusos Köln schließen eine Zusammenarbeit mit Young Struggle, der
Internationalen Jugend, dem Solinetzwerk, Zora und dem Frauenkollektiv aus. Dazu
gehören insbesondere gemeinsame Veranstaltungen, offizielle
Demonstrationsaufrufe sowie Bündnisse zu Aktions- und Gedenktagen. Sollten
mehrere weitere Organisationen an einem solchen Ereignis oder Bündnis beteiligt
sein, zieht sich der JUBV aus der Zusammenarbeit zurück und informiert die
weiteren Gruppen über die Gründe hierfür.
Begründung
Bündnisarbeit ist von großer Bedeutung, wenn es darum geht, politische Ziele zu erreichen. Prinzipiell ist eine umfassende Bündnisarbeit, gerade zu den inhaltlichen Säulen der Jusos - Antifaschismus, Feminismus, Internationalismus, Sozialismus - daher anzustreben. In vielen Fällen werden dabei kleinere oder größere inhaltliche Differenzen zu Tage treten – die meisten davon dürften im konkreten Fall jedoch keine Hürde darstellen. Es gibt jedoch auch klare rote Linien in der Bündnisarbeit. Hierzu gehören traditionell die Gegensätze zu den Grundeinstellungen der Jusos, beispielsweise Rassismus, Antisemitismus, Ableismus, Antifeminimsmus und Misogynie, Nationalismus sowie Queerfeindlichkeit.
Gerade angesichts militärischer, paramilitärischer und terroristischer Ausschreitungen im Nahen Osten gewinnt dabei auch die israelsolidarische Haltung der Jusos an Bedeutung. Die im Antragstext benannten Gruppierungen sind in der Vergangenheit durch israelbezogenen Antisemitismus¹ aufgefallen bzw. sprechen Israel das Existenzrecht ab, wie im Folgenden exemplarisch dargestellt wird:
Bereits 2021 nutzte Young Struggle Köln die Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des rassistischen Hanau-Attentats, um israelbezogene antisemitische Aussagen zu treffen - darunter Genozidvorwürfe. Im Nachgang dieser Veranstaltung wurde zudem ein Statement veröffentlicht, das die Befreiung Palästinas "from the river to the sea" verteidigte, was gleichbedeutend mit der Vernichtung des Staates Israel ist.2 Auf der Website von Young Struggle wird der Angriff des 7.10. gefeiert und die Rolle der „revolutionären und fortschrittlichen Organisationen Palästinas“ dabei besonders hervorgehoben. Dort heißt es zudem: „Natürlich befürworten wir nicht die unnötige Ermordung von Zivilist:innen durch politisch-islamische Kräfte wie die Hamas und erst Recht keine patriarchalen Kriegspraktiken. Trotzdem ändert das nichts an der Legitimität des Befreiungsschlags.“ Der Text schließt unter anderem mit der Parole „Vom Fluss bis zum Meer“.3
Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung am 7. Oktober 2023 legitimierten und relativierten das Frauenkollektiv, die IJ und das Solinetzwerk diese Angriffe. Sie schrieben davon, dass ein „Ende der Besatzung notwendig“ sei, damit die Palästinenser*innen sich im Anschluss wieder ihrer klassistischen Gesellschaft bewusst würden und diese Zustände aufbrechen könnten. Wörtlich heißt es: „Als Sozialist:innen stehen wir für eine Welt des Friedens und der Freiheit ein. Wir wissen, dass der Weg dahin über den Kampf gegen die eigene herrschende Klasse verläuft, gegen die eigene Bourgeoisie. Doch wo eine Besatzung von Außen herrscht, tritt dieser Widerspruch im Bewusstsein der Masse der Unterdrückten in den Hintergrund – so auch in Palästina. Die nationale Selbstbestimmung ist deshalb eine notwendige Übergangsstufe, sodass der Widerspruch im Innern wieder sichtbar werden kann.“4
Zora Köln nahm 2023, ebenso wie das Frauenkollektiv, an der Demonstration zum 75. Jahrestag der Nakba teil. Zur „Operation Al-Aqsa Flut“ vom 7.10.2023, bei welcher an einem Tag mehr jüdische Personen ermordet wurden als an jedem Tag seit der Shoah, findet sich ein Text auf der bundesweiten Zora-Website. Die Organisation feiert den Tag als „Fortschritt“. Zwar wird darin auch die reaktionäre Ideologie der Hamas hervorgehoben und auch auf deren Frauenfeindlichkeit eingegangen. Allerdings seien „die Fragen nach Klassenkampf und Frauenrevolution […] in der jetzigen Phase, in der sich Palästina als besetztes und kolonialisiertes Land befindet, sekundär. Es ist die nationale Frage, die momentan einer dringenden Lösung bedarf.“ Auch dieser Text endet mit der Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“5.
Gruppen, die sich als antifaschistisch und sozialistisch verstehen, dürfen niemals Angriffe und Geiselnahmen wie die am 07.10.2023 bagatellisieren und als fortschrittlich darstellen. Sie haben sich damit nicht nur persönlich als Antisemit:innen geoutet. Sie rechtfertigen damit neben dem eigenen Antisemitismus auch Bestialität. Wer derartige Geschehnisse auf der Welt nicht anders als durch schlichte, seit Jahrzehnten veraltete antiimperialistische Schablonen betrachten kann und die gezielte Ermordung von 1400 jüdisch gelesenen Menschen als legitimen „Befreiungsschlag“ charakterisiert, darf kein:e Partner:in der Kölner Jusos sein.
¹Israelbezogener Antisemitismus meint, dass antisemitische Vorurteile auf den Staat Israel übertragen werden (ausführliche Definition: https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/326790/israelbezogener-antisemitismus). Kritik an der Politik des Staates Israel ist dabei von Delegitimierung des Staates an sich, seiner Dämonisierung und der Anlegung höherer moralischer Ansprüche als an andere Staaten (Doppelstandards) zu trennen.
2 Text " Vom Jordan bis nach Hanau", geschrieben von Tom Uhlig, erschienen in der Jungle World, 11.03.2021, https://jungle.world/artikel/2021/10/vom-jordan-bis-nach-hanau [26.10.23]
3 Text „Die Al-Aqsa Flut – Der Gefängnisausbruch des palästinensischen Volkes“, Verfasser:in unbekannt, veröffentlicht am 10. Oktober 2023, https://young-struggle.org/die-al-aqsa-flut-der-gefaengnisausbruch-des-palaestinensischen-volkes/ [26.10.2023]
4 Posting „Hoch die internationale Solidarität!“ vom 9. Oktober 2023, https://www.instagram.com/p/CyMW4ShMzxw/?hl=en&img_index=5 [26.10.2023]
5 Text „Für den kompromisslosen Widerstand des palästinensischen Volkes!, Verfasser:in unbekannt, veröffentlicht am 10. Oktober 2023, https://zora-online.org/2023/10/10/fur-den-kompromisslosen-widerstand-des-palastinensischen-volkes/ [26.10.2023]